Samstag, 5. Dezember 2015

Zustellung eines Behördenbriefes – Amt in der Beweispflicht

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Leerer Briefkasten: Ingrid Hoch aus Tiergarten hat Ärger mit der Postzustellung. Sie vermisst wichtige Briefe


Die als Behörden auftretenden BRD-Jobcenter verschicken ihre Schreiben und Verwaltungsakte im Regelfall per “Normalpost”. Das jedoch ist ein äußerst unsicherer Versand, denn es kommt immer wieder vor, daß derartige Standartbriefe ihren Empfänger nicht erreichen.


Aus diesem Grund steht laut Gesetz und Rechtssprechung das Jobcenter im Zweifelsfall (also, wenn der Empfänger erklärt, einen Brief nicht erhalten zu haben) in der Beweispflicht, daß und wann die Post den Jobcenter-“Kunden” erreicht hat.

Eine per Verwaltungsakt erlassene und Normalbrief verschickte “Eingliederungsvereinbarung” entfaltet also keine Rechtswirksamkeit, eine Vorladung (euphemistisch “Einladung” genannt) zu einem “Meldetermin” kann nicht wahrgenommen, einer Bewerbung auf ein Stellen”angebot” nicht nachgekommen und eine Maßnahme nicht angetreten werden, wenn der Empfänger das entsprechende Schreiben nicht erhalten hat.

Ergeht trotzdem eine Sanktion, ist Widerspruch dagegen einzulegen, wenn das Jobcenter keinen Zustellnachweise erbringen kann. Erfolgt keine Abhilfe per Widerspruch, ist Klage beim Sozialgericht gegen das Jobcenter einzureichen.

Auch die Behauptung des Jobcenter-“Betreuers” mitsamt eines angeblichen “Computer-Vermerks”, er habe während einer persönlichen “Vorsprache” die “Einladung” zum nächstfolgenden Meldetermin oder Maßnahme-Beginn, ein Stellen”angebot” oder eine “Eingliederungsvereinbarung” dem “Kunden” übergeben, ist kein Beweis, daß das auch stattfand, denn er kann es vielleicht ausgedruckt, aber dann vergessen haben zu übergeben.

Das Jobcenter steht laut Schreiben des BRD-Bundestages in der Pflicht nachzuweisen, daß eine persönliche Übergabe stattfand, was nur mit einem Empfangsbekenntnis der Fall ist, also der “Kunde” mit seiner Unterschrift bestätigt, das Jobcenter-Schreiben von seinem “Bearbeiter” persönlich ausgehändigt bekommen zu haben. Oder mithilfe eines im Raume anwesenden Zeugen, der die Übergabe bestätigt, was gemeinhin nicht der Fall.

Es folgt ein Musterschreiben bzw. eine Argumentationshilfe für eine Anhörung oder einen Widerspruch, und, hat derlei keinen Erfolg und das Jobcenter sanktioniert, einer Klage vor dem Sozialgericht:
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe das von Ihnen erwähnte Schreiben nicht erhalten.
hiermit lege ich gegen Ihren Bescheid von xx.xx.xxxx Widerspruch ein. (wenn auf einen Sanktionsbescheid reagiert und nicht zu einer Anhörung Stellung bezogen wird, dann also entsprechend umformulieren)
Begründung:
Die von Frau/Herrn xxx besagte schriftliche Einladung zum Termin am xx.xx.xxxx (oder Stellenangebot, per Verwaltungsakt erlassene Eingliederungsvereinbarung o. ä.) ist bei mir nicht eingegangen. Ich erinnere Sie daran, daß das Jobcenter gemäß § 37 Abs. 2, Satz 3 SGB X verpflichtet ist, den Nachweis über die erfolgreiche Zustellung ihrer Schreiben zu erbringen.
Die bloße Behauptung seitens der Behörde (das Jobcenter tritt als solche auf), daß ein Schreiben übergeben oder abgeschickt/es ausgedruckt wurde, reicht nicht aus, wie die Bundesanstalt für Arbeit am 30.08.2013 (Drucksache 17/13682) gleichlautend zum erwähnten § 37 Abs. 2 SGB X festgestellt hat. (Anlage 1)
Zitat:
„(…) im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. (…) Bestehen Zweifel über den Zugang bzw. Zeitpunkt des Zugangs, trägt die Behörde den Nachteil, wenn der Zugang bzw. dessen Zeitpunkt nicht beweisbar ist. (…) Trägt er (der Leistungsberechtigte, Anm. Nolde) vor, die auf dem Postweg versandte Einladung nicht erhalten zu haben, wird das Jobcenter das Gegenteil in der Regel nicht zweifelsfrei nachweisen können. Eine Sanktion tritt in diesem Fall nicht ein. Die Jobcenter können zur Sicherstellung des Zugangs und des Nachweises hierüber künftige Einladungen persönlich (ggf. auch gegen Empfangsbekenntnis) übergeben oder die Einladung per Zustellungsurkunde zustellen lassen.“

Bitte erbringen Sie den Nachweis, daß und wann ich mit meiner Unterschrift den Erhalt ihres Schreiben bestätigt habe.

Gleichlautend urteilten folgende Gerichte:
Landessozialgericht Baden-Württemberg (Az.: L 8 AS 5579/07) am 14.03.2008 (Anlage 2):

Zitat:
“(…) Wird wie im vorliegenden der Zugang der Meldeaufforderung bestritten, trägt der Grundsicherungsträger die Beweislast für einen Zugang des Schriftstücks. Auch dies gilt unabhängig davon, ob die Aufforderung als Verwaltungsakt anzusehen ist oder nicht. Die Rechtsprechung hat bereits geklärt, dass ohne eine nähere Regelung weder eine Vermutung für den Zugang eines mit einfachem Brief übersandten Schreibens besteht (…) noch insoweit die Grundsätze des Anscheinsbeweises gelten. (…) Auch genügen die Eintragungen der Zustellerfirma auf einer Rollkarte, wonach (…) im Auftrag der Beklagten ein Schreiben an die Adresse des Klägers ausgeliefert worden ist, im konkreten Fall nicht als Nachweis für den Zugang der Meldeaufforderung. Unabhängig davon, welcher Beweiswert diesen Eintragungen allgemein zukommt, wird damit nur dokumentiert, dass ein Schreiben an die Anschrift des Klägers ausgeliefert worden ist. Es wird nicht bestätigt, dass der Brief in den Briefkasten des Klägers eingelegt worden ist. Zwar ist es durchaus richtig, dass der Gesetzgeber die Verwaltung nicht verpflichtet hat, Bescheide oder Meldeaufforderungen förmlich zuzustellen, weil damit die in der Regel höheren Kosten für eine Zustellung eingespart werden können. Dies ändert aber nichts daran, dass die Verwaltung die Beweislast dafür trägt, dass ein von ihr versandtes Schreiben auch tatsächlich beim Empfänger angekommen ist. Hinzu kommt, dass sich schon nicht hinreichend sicher feststellen lässt, mit welchem Inhalt ein Schreiben an den Kläger zur Versendung gebracht worden ist. (…) Mit Mutmaßungen darüber, welchen Inhalt ein Schriftstück bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang und funktionierender Datenverarbeitung haben müsste, kann der zu beurteilende Sachverhalt nicht zuverlässig festgestellt werden.“
Hessisches Finanzgericht in Kassel (Az.: 3 K 523/05) am 29.10.2007 (Anlage 3):
Zitat:

„Eine Behörde muss grundsätzlich beweisen, dass amtliche Schreiben einem Bürger auch tatsächlich zugegangen sind. Das entschied das Hessische Finanzgericht in Kassel in einem Urteil. Konkret müsse die Behörde sowohl den Zugang als solchen als auch den genauen Zeitpunkt des Zugangs belegen. Zweifel gingen daher allein zu ihren Lasten (Az.: 3 K 523/05). Das Gericht gab mit seinem inzwischen rechtskräftigen Urteil der Klage eines Bürgers statt. Die Familienkasse hatte die Zahlung des Kindergelds eingestellt, weil der Kläger die erforderlichen Nachweise nicht vorgelegt hatte. Der Kläger behauptete jedoch, die entsprechenden Aufforderungen wie auch der ablehnende Bescheid seien ihm gar nicht zugegangen. Dem hielt die Behörde entgegen, es widerspreche jeder Lebenserfahrung, dass einen Bürger mehrere Schriftstücke derselben Behörde nicht erreicht haben sollten. Das Finanzgericht beurteilte die Sachlage anders. Nach seiner Meinung konnte nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger die Schriftstücke tatsächlich nicht erhalten hatte. Jedenfalls gebe es keine rechtlich tragfähige Vermutung, dass von mehreren amtlichen Schreiben den Bürger doch zumindest eines auch erreiche.“
Vermittlungsvorschlag nicht erhalten – Sozialgericht Karlsruhe (Az. S 12 AS 184/13) am 27.03.2013 (Anlage 4):

„Verschickt das Jobcenter einen Vermittlungsvorschlag an einen Hartz 4 Empfänger per Standardbrief, so muss es auch beweisen, dass das Schreiben tatsächlich beim Hilfebedürftigen angekommen ist. Auch wenn der Leistungsempfänger keine Reaktion auf das Schreiben zeigt, dürfen nicht einfach Leistungskürzungen verhängt werden. Dies geht aus einem aktuellen Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe hervor (Az. S 12 AS 184/13), welches einer 30-Jährigen Recht gab, die die Hartz IV Sanktionen nicht hinnehmen wollte und sich nach fruchtlosem Widerspruch somit erfolgreich zur Wehr setzte. Die Klägerin, die mit Mann und zwei Kindern in Bedarfsgemeinschaft lebt, beantragte ab April 2012 Hartz IV Leistungen. Nach Aussage des Jobcenters wurde der Hilfebedürftigen Endes Juli des letzten Jahres ein Vermittlungsangebot zugeschickt, per Post als Standardbrief. Nachdem sich die Leistungsbezieherin bei dem im Vermittlungsvorschlag genannten Arbeitgeber nicht meldete, wandte sich dieser wieder an das Jobcenter, welches die Klägerin gemäß § 24 SGB X anhören wollte. Auch hier erfolgte seitens der Hartz IV Bezieherin keine Reaktion, woraufhin die Leistungsbehörde ihr gemäß §§ 31 und 31 a SGB II eine Sanktion auferlegte und den Regelsatz für den Zeitraum Oktober 2012 bis Januar 2013 um 30 Prozent kürzte. Der Widerspruch der zweifachen Mutter war zunächst erfolglos, in dem sie der Behörde mitteilte, sie habe keine Post erhalten und konnte sich demzufolge auch nicht bewerben. Dies akzeptierte das Jobcenter nicht und teilte im Widerspruchsbescheid mit, dass kein Postrückläufer vermerkt worden sei. Die Klage hatte Erfolg, denn die Karlsruher Sozialrichter teilen die Auffassung des Jobcenters nicht. Das SG Karlsruhe stellte darauf ab, dass das Jobcenter nicht nur den Versand des Briefes sondern auch dessen tatsächliche Zustellung nachweisen muss. Nach Ansicht der Vorsitzenden könne man sich nicht auf einen Anscheinbeweis verlassen, da es regelmäßig vorkommt, dass Postsendungen verloren gehen oder nicht ankommen. Da die Hartz IV Sanktionen damit rechtswidrig auferlegt wurden, sind diese aufzuheben.“
Bei Reaktion auf einer Anhörung=

Wenn Sie den durch Gesetz und Rechtssprechung geforderten Zustellnachweis nicht erbringen können und dennoch sanktionieren, werde ich Widerspruch einlegen und gegebenenfalls Klage beim Sozialgericht einreichen.

Bei Widerspuch gegen Sanktionsbescheid=

Wenn meinem Widerspruch gegen Ihren Sanktionsbescheid nicht abgeholfen wird, werde ich gegen Sie Klage beim Sozialgericht einreichen.

Mit freundlichen Grüßen


Anlage 1
30. 5. 2013 – Deutscher Bundestag
In der Beantwortung der Schriftlichen Frage 26 zur Nachweispflicht der Jobcenter gemäß      § 37 Absatz 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) bezüglich der Übermittlung von Meldeaufforderungen o. ä. nach dem SGB II auf Bundestagsdrucksache 17/13310 durch die Bundesregierung wird auf die Regelungen zur Nachweispflicht der Jobcenter gemäß § 37 Absatz 2 SGB X und die Sanktionspraxis bei nicht nachweisbarer Meldeaufforderung nach dem SGB II eingegangen. In der Antwort steht:
“Für die Übermittlung von Meldeaufforderungen gelten die allgemeinen Vorschriften über die Bekanntgabe von Verwaltungsakten. § 37 Absatz 2 SGB X bestimmt, dass ein Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe als bekannt gegeben gilt. Die Geltungsfiktion wird durchbrochen, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Der Nachweis kann insbesondere mittels der in § 21 SGB X genannten Beweismittel geführt werden. Es gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Bestehen Zweifel über den Zugang bzw. Zeitpunkt des Zugangs, trägt die Behörde den Nachteil, wenn der Zugang bzw. dessen Zeitpunkt nicht beweisbar ist. Erscheint ein Leistungsberechtigter nicht zum Meldetermin, wird er vor der Feststellung einer Sanktion wegen eines Meldeversäumnisses angehört (§ 24 SGB X). Ihm wird damit Gelegenheit gegeben, sich zu den Gründen des Nichterscheinens zu äußern. Trägt er vor, die auf dem Postweg versandte Einladung nicht erhalten zu haben, wird das Jobcenter das Gegenteil in der Regel nicht zweifelsfrei nachweisen können. Eine Sanktion tritt in diesem Fall nicht ein. Die Jobcenter können zur Sicherstellung des Zugangs und des Nachweises hierüber künftige Einladungen persönlich (ggf. auch gegen Empfangsbekenntnis) übergeben oder die Einladung per Zustellungsurkunde zustellen lassen.“
Quelle: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/136/1713682.pdf
 Anlage 2
Landessozialgericht Baden-Württemberg – Urteil vom 14. 03. 2008 (Az.: L 5 AS 5579/07: 
“(…) Unabhängig von der Rechtsnatur der Meldeaufforderung setzt eine Absenkung des Arbeitslosengeldes II nach § 31 Abs.2 SGB II voraus, dass dem Hilfebedürftigen die Aufforderung zusammen mit einer schriftlichen Belehrung über die Rechtsfolgen einer Aufforderung zugegangen ist. Wird wie im vorliegenden der Zugang der Meldeaufforderung bestritten, trägt der Grundsicherungsträger die Beweislast für einen Zugang des Schriftstücks. Auch dies gilt unabhängig davon, ob die Aufforderung als Verwaltungsakt anzusehen ist oder nicht. Die Rechtsprechung hat bereits geklärt, dass ohne eine nähere Regelung weder eine Vermutung für den Zugang eines mit einfachem Brief übersandten Schreibens besteht (Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 15.5.1991 – 1 BvR 1441/90, NJW 1991, 2757; ebenso bereits Bundesfinanzhof vom 23.9.1966, BFHE 87, 203) noch insoweit die Grundsätze des Anscheinsbeweises gelten (BFH vom 14.3.1989, BFHE 156, 66 unter Aufgabe früherer Rechtsprechung: S 73; Bundesgerichtshof vom 5.4.1978 – IV ZB 20/78, VersR 1978, 671; BGH vom 24.4.1996 – VIII ZR 150/95, NJW 1996, 2033, 2035 aE; ebenso BSG, Urteil vom 26.07.2007, B 13 R 4/06 R, zit. nach juris). Denn die volle Überzeugung des Gerichts vom Zugang lässt sich auf eine – wenn auch große – Wahrscheinlichkeit nicht gründen (BFH vom 14.3.1989, BFHE 156, 66, 71). Vom Adressaten eines angeblich nicht eingetroffenen einfachen Briefes kann auch nicht mehr verlangt werden als ein schlichtes Bestreiten, das Schreiben erhalten zu haben. Denn ihm ist im Regelfall schon aus logischen Gründen nicht möglich, näher darzulegen, ihm sei ein per einfachem Brief übersandtes Schreiben nicht zugegangen. Anders ist die Sachlage beim behaupteten verspäteten Zugang (hierzu zB BVerwG vom 24.4.1987 – 5 B 132/86) : Hier kann der Empfänger vortragen, wann genau und unter welchen Umständen er die Erklärung erhalten hat (BSG aaO). Im vorliegenden Fall hat die Beklagte nicht den Nachweis erbracht, dass und mit welchem Inhalt der Kläger eine Meldeaufforderung zu einem Termin am 01.03.2005 erhalten hat. Der Kläger hat den Zugang einer solchen Aufforderung bestritten und aus den Akten ist nicht ersichtlich, dass er die Aufforderung entgegen seinem Vorbringen doch erhalten hat. Auch genügen die Eintragungen der Zustellerfirma a. auf einer Rollkarte, wonach am 23.02.2005 im Auftrag der Beklagten ein Schreiben an die Adresse des Klägers ausgeliefert worden ist, im konkreten Fall nicht als Nachweis für den Zugang der Meldeaufforderung. Unabhängig davon, welcher Beweiswert diesen Eintragungen allgemein zukommt, wird damit nur dokumentiert, dass ein Schreiben an die Anschrift des Klägers ausgeliefert worden ist. Es wird nicht bestätigt, dass der Brief in den Briefkasten des Klägers eingelegt worden ist. Zwar ist es durchaus richtig, dass der Gesetzgeber die Verwaltung nicht verpflichtet hat, Bescheide oder Meldeaufforderungen förmlich zuzustellen, weil damit die in der Regel höheren Kosten für eine Zustellung eingespart werden können. Dies ändert aber nichts daran, dass die Verwaltung die Beweislast dafür trägt, dass ein von ihr versandtes Schreiben auch tatsächlich beim Empfänger angekommen ist. Hinzu kommt, dass sich schon nicht hinreichend sicher feststellen lässt, mit welchem Inhalt ein Schreiben an den Kläger zur Versendung gebracht worden ist. Es ist anhand der in den Akten enthaltenen Informationen noch nicht einmal zu klären, ob ein Verwaltungsakt erlassen worden ist. Nach dem in der Verwaltungsakte befindlichen BewA-Ausdruck ist am 21.02.2005 die Versendung einer Meldeaufforderung veranlasst worden. Danach sollte diese Aufforderung folgenden Inhalt haben: Bitte kommen Sie am 01.03.05 um 09.15 Uhr in die Agentur für Arbeit F., L. Str. .., Zimmer C …. Grund: Ich möchte mit Ihnen über Ihr Bewerberangebot bzw. Ihre berufliche Situation sprechen. Ob und ggf. welche Rechtsfolgenbelehrung dem Schriftstück beigefügt war, lässt sich mit diesem Eintrag in das Datenverarbeitungsprogramm der Beklagten aber nicht beurteilen. Hierfür genügt auch der Hinweis der Beklagten auf einen Mustertext (Bl. 20/21 der SG-Akte) nicht. Der Senat hält es (auch) angesichts des Umstands, dass das Verwaltungsverfahren auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II durch eine Vielzahl von Bescheiden gekennzeichnet sein kann, für unumgänglich, dass sich der Inhalt der vom Grundsicherungsträger getroffenen Entscheidungen, eingeleiteten Maßnahmen und versandten Aufforderungen zweifelsfrei den Akten entnehmen lässt. Nur so ist es möglich, den verfassungsrechtlichen Anforderungen an das Gebot der wirksamen Rechtsschutzgewährung (Art 19 Abs. 4 Grundgesetz) gerecht zu werden. Mit Mutmaßungen darüber, welchen Inhalt ein Schriftstück bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang und funktionierender Datenverarbeitung haben müsste, kann der zu beurteilende Sachverhalt nicht zuverlässig festgestellt werden.
Quelle: http://openjur.de/u/350035.html
 Anlage 3
Hessische Finanzgericht in Kassel: Behördenbrief im Briefkasten – Amt in der Beweispflicht
Eine Behörde muss grundsätzlich beweisen, dass amtliche Schreiben einem Bürger auch tatsächlich zugegangen sind. Das entschied das Hessische Finanzgericht in Kassel in einem Urteil. Konkret müsse die Behörde sowohl den Zugang als solchen als auch den genauen Zeitpunkt des Zugangs belegen. Zweifel gingen daher allein zu ihren Lasten (Az.: 3 K 523/05). Das Gericht gab mit seinem inzwischen rechtskräftigen Urteil der Klage eines Bürgers statt. Die Familienkasse hatte die Zahlung des Kindergelds eingestellt, weil der Kläger die erforderlichen Nachweise nicht vorgelegt hatte. Der Kläger behauptete jedoch, die entsprechenden Aufforderungen wie auch der ablehnende Bescheid seien ihm gar nicht zugegangen. Dem hielt die Behörde entgegen, es widerspreche jeder Lebenserfahrung, dass einen Bürger mehrere Schriftstücke derselben Behörde nicht erreicht haben sollten. Das Finanzgericht beurteilte die Sachlage anders. Nach seiner Meinung konnte nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger die Schriftstücke tatsächlich nicht erhalten hatte. Jedenfalls gebe es keine rechtlich tragfähige Vermutung, dass von mehreren amtlichen Schreiben den Bürger doch zumindest eines auch erreiche.“
Quelle: http://www.n-tv.de/ratgeber/Amt-in-der-Beweispflicht-article250994.html
Anlage 4
„Sozialgerichts Karlsruhe: Hartz 4 Sanktion rechtswidrig – Jobcenter trägt Beweislast für PostsendungVerschickt das Jobcenter einen Vermittlungsvorschlag an einen Hartz 4 Empfänger per Standardbrief, so muss es auch beweisen, dass das Schreiben tatsächlich beim Hilfebedürftigen angekommen ist. Auch wenn der Leistungsempfänger keine Reaktion auf das Schreiben zeigt, dürfen nicht einfach Leistungskürzungen verhängt werden. Dies geht aus einem aktuellen Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe hervor (Az. S 12 AS 184/13), welches einer 30-Jährigen Recht gab, die die Hartz IV Sanktionen nicht hinnehmen wollte und sich nach fruchtlosem Widerspruch somit erfolgreich zur Wehr setzte.
Die Klägerin, die mit Mann und zwei Kindern in Bedarfsgemeinschaft lebt, beantragte ab April 2012 Hartz IV Leistungen. Nach Aussage des Jobcenters wurde der Hilfebedürftigen Endes Juli des letzten Jahres ein Vermittlungsangebot zugeschickt, per Post als Standardbrief. Nachdem sich die Leistungsbezieherin bei dem im Vermittlungsvorschlag genannten Arbeitgeber nicht meldete, wandte sich dieser wieder an das Jobcenter, welches die Klägerin gemäß § 24 SGB X anhören wollte. Auch hier erfolgte seitens der Hartz IV Bezieherin keine Reaktion, woraufhin die Leistungsbehörde ihr gemäß §§ 31 und 31 a SGB II eine Sanktion auferlegte und den Regelsatz für den Zeitraum Oktober 2012 bis Januar 2013 um 30 Prozent kürzte.
Widerspruch erfolglos
Der Widerspruch der zweifachen Mutter war zunächst erfolglos, in dem sie der Behörde mitteilte, sie habe keine Post erhalten und konnte sich demzufolge auch nicht bewerben. Dies akzeptierte das Jobcenter nicht und teilte im Widerspruchsbescheid mit, dass kein Postrückläufer vermerkt worden sei. Zudem sei das Jobangebot bereits “telefonisch besprochen und eine Rechtsfolgenbelehrung erteilt worden”. Die Klage hatte Erfolg, denn die Karlsruher Sozialrichter teilen die Auffassung des Jobcenters nicht.
Jobcenter muss Briefzustellung nachweisen
Das SG Karlsruhe stellte darauf ab, dass das Jobcenter nicht nur den Versand des Briefes sondern auch dessen tatsächliche Zustellung nachweisen muss. Nach Ansicht der Vorsitzenden könne man sich nicht auf einen Anscheinbeweis verlassen, da es regelmäßig vorkommt, dass Postsendungen verloren gehen oder nicht ankommen. Auch könne sich der Leistungsträger nicht auf die Zugangsfiktion gemäß § 37 Abs. SGB X berufen, da dieser nur für Verwaltungsakte (wenn in der Akte ein Aufgabedatum vermerkt ist) und nicht für einfache Postwurfsendungen gelte. Auch das angesprochene Telefonat bezüglich des Vermittlungsvorschlags mit der Hartz IV  Bezieherin werfe kein anderes Licht auf den Sachverhalt, da fraglich sei, ob eine telefonische Besprechung Pflichtverletzungen nach § 31 SGB II herbeiführen und der Rechtsfolgenbelehrung nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts genügen kann. Da die Hartz IV Sanktionen damit rechtswidrig auferlegt wurden, sind diese aufzuheben.“
Quelle: http://www.hartziv.org/news/20130412-hartz-sanktion-jobcenter-beweislast.html
Aufgrund dieser Rechtslage gehen die Jobcenter in Einzelfällen dazu über, ihre Briefe mit “gelben Umschlag” versehen per Einwurf-Einschreiben zu verschicken. Aber auch hier kam es bereits vor, daß diese in einem anderen Briefkasten eingeworfen wurden, weshalb das Amtsgericht Kempten urteilte, daß ein Post-Einwurfeinschreiben kein sicherer Zustellnachweis sei, weshalb es dem Absender freistünde, “einen sicheren Zugangsweg zu wählen, z.B. das Einschreiben mit Rückschein oder die Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher”.
Zugangsbeweis: Einwurf-Einschreiben reicht nicht aus – Post-Einwurfeinschreiben zu unsicher
Beim Post-Einwurfeinschreiben liefert auch der Einlieferung- und Auslieferungsbeleg keine ausreichende Basis für einen Anscheinsbeweis für den Zugang der Sendung beim Empfänger. Das geht aus einem Urteil des Amtsgerichts Kempten hervor.
Das Gericht meint, dass ein Verlust der Postsendung während des Zustellvorgangs nicht auszuschließen sei. Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Postzusteller die Postsendung in den falschen Briefkasten einwerfe. Das dies gelegentlich vorkomme, zeige die allgemeine Lebenserfahrung.
Zwar mache diese Auffassung den Nachweis des Zugangs des Einwurfeinschreibens beim Empfänger nahezu unmöglich, wenn dieser den Zugang bestreitet. Dies könne aber hingenommen werden, weil der Absender den Zugangsweg selbst bestimmen könne, führt das Gericht aus. Es stünde dem Absender frei von Anfang an einen sicheren Zugangsweg zu wählen, z.B. das Einschreiben mit Rückschein oder die Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher.
Fazit:
Nur für ein per Einschreiben mit Rückschein oder per Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher verstandtes (Behörden-)Schreiben kann ein Zustellnachweis erbracht erbracht werden. Bei Normalbriefen (wie beim Jobcenter üblich) aber auch Einwurf-Einschreiben in “gelben Umschlägen” ist das nicht der Fall.
Wird seitens des Jobcenters behauptet, daß man dem “Kunden” ein Schreiben persönlich übergeben hat, kann auch das nur nachgewiesen werden, wenn ein vom Empfänger/”Kunden” unterschriebenes Empfangsbekenntnis vom Jobcenter vorgelegt oder Zeugenbeweis nachgewiesen werden kann, was meist nicht gegeben ist.
Sollte es öfter vorkommen, daß Jobcenter-Briefe einen “Kunden” nicht erreichen, könnte selbiges dazu übergehen – statt per Einschreiben/Rückschein oder Gerichtsvollzieher zuzustellen -, selbige jedesmal per persönlicher Übergabe inkl. Empfangsbekenntnis in den eigenen Räumlichkeiten zu übergeben.
Ob das wiederum im Interesse des Betroffenen ist, ist die Frage. Andererseits ist hier zu prüfen, ob eine persönliche Meldung/Vorsprache nur zu diesem Zweck rechtens ist, also ein den gesetzlichen Vorgaben entsprechender Meldezweck vorliegt, was nicht der Fall sein dürfte.
Bleibt zu hoffen, daß einem nur gelegentlich Jobcenter-Schreiben nicht erreichen, was dann auch nachvollziehbar/lebensnah blieb resp. wäre. Damit der “Kunde” dann gewappnet ist, habe ich diesen Beitrag erstellt, um ihn über seine Rechte zu informieren, was keine Rechtsberatung darstellt.
Postbotin unterschlägt über 1000 Briefe und lagert sie zu Hause: http://www.muensterlandzeitung.de/staedte/suedlohn/Briefe-unterschlagen-Freunde-bestohlen;art982,1521614
Postbote behielt rund 1300 Briefe und Pakete und deren Inhalte, statt sie den wartenden Empfängern zu überbringen: http://www.berliner-kurier.de/brandenburg/gieriger-postbote-ab-in-den-knast,7169130,25440338.html
Postbote hat rund 1000 Briefe in seinem Keller gesammelt: http://www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/998554/
Postbotin hat mehrere tausend Briefe nicht zugestellt und in ihrem Keller eingelagert: http://www.shortnews.de/id/862167/aus-faulheit-postbotin-lagert-tausende-briefe-im-keller

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