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Leerer Briefkasten: Ingrid Hoch aus Tiergarten hat Ärger mit der Postzustellung. Sie vermisst wichtige Briefe |
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Die
als Behörden auftretenden
BRD-Jobcenter verschicken ihre Schreiben und Verwaltungsakte im
Regelfall per “Normalpost”. Das jedoch ist ein äußerst unsicherer
Versand, denn es kommt immer wieder vor, daß derartige Standartbriefe
ihren Empfänger nicht erreichen.
Aus diesem Grund steht laut Gesetz und Rechtssprechung das Jobcenter
im Zweifelsfall (also, wenn der Empfänger erklärt, einen Brief nicht
erhalten zu haben) in der Beweispflicht, daß und wann die Post den
Jobcenter-“Kunden” erreicht hat.
Eine per Verwaltungsakt erlassene und
Normalbrief verschickte “Eingliederungsvereinbarung” entfaltet also
keine Rechtswirksamkeit, eine Vorladung (euphemistisch “Einladung”
genannt) zu einem “Meldetermin” kann nicht wahrgenommen, einer Bewerbung
auf ein Stellen”angebot” nicht nachgekommen und eine Maßnahme nicht
angetreten werden, wenn der Empfänger das entsprechende Schreiben nicht
erhalten hat.
Ergeht trotzdem eine Sanktion, ist Widerspruch dagegen einzulegen,
wenn das Jobcenter keinen Zustellnachweise erbringen kann. Erfolgt keine
Abhilfe per Widerspruch, ist Klage beim Sozialgericht gegen das
Jobcenter einzureichen.
Auch die Behauptung des Jobcenter-“Betreuers” mitsamt eines
angeblichen “Computer-Vermerks”, er habe während einer persönlichen
“Vorsprache” die “Einladung” zum nächstfolgenden Meldetermin oder
Maßnahme-Beginn, ein Stellen”angebot” oder eine
“Eingliederungsvereinbarung” dem “Kunden” übergeben, ist kein Beweis,
daß das auch stattfand, denn er kann es vielleicht ausgedruckt, aber
dann vergessen haben zu übergeben.
Das Jobcenter steht laut Schreiben des BRD-Bundestages in der Pflicht
nachzuweisen, daß eine persönliche Übergabe stattfand, was nur mit
einem Empfangsbekenntnis der Fall ist, also der “Kunde” mit seiner
Unterschrift bestätigt, das Jobcenter-Schreiben von seinem “Bearbeiter”
persönlich ausgehändigt bekommen zu haben. Oder mithilfe eines im Raume
anwesenden Zeugen, der die Übergabe bestätigt, was gemeinhin nicht der
Fall.
Es folgt ein Musterschreiben bzw. eine Argumentationshilfe für eine
Anhörung oder einen Widerspruch, und, hat derlei keinen Erfolg und das
Jobcenter sanktioniert, einer Klage vor dem Sozialgericht:
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe das von Ihnen erwähnte Schreiben nicht erhalten.
hiermit lege ich gegen Ihren Bescheid von xx.xx.xxxx
Widerspruch ein. (wenn auf einen Sanktionsbescheid reagiert und nicht
zu einer Anhörung Stellung bezogen wird, dann also entsprechend
umformulieren)
Begründung:
Die von Frau/Herrn xxx besagte schriftliche Einladung zum Termin am xx.xx.xxxx
(oder Stellenangebot, per Verwaltungsakt erlassene
Eingliederungsvereinbarung o. ä.) ist bei mir nicht eingegangen. Ich
erinnere Sie daran, daß das Jobcenter gemäß § 37 Abs. 2, Satz 3 SGB X
verpflichtet ist, den Nachweis über die erfolgreiche Zustellung ihrer
Schreiben zu erbringen.
Die bloße Behauptung seitens der Behörde (das Jobcenter tritt als
solche auf), daß ein Schreiben übergeben oder abgeschickt/es ausgedruckt
wurde, reicht nicht aus, wie die Bundesanstalt für Arbeit am 30.08.2013
(Drucksache 17/13682) gleichlautend zum erwähnten § 37 Abs. 2 SGB X
festgestellt hat. (Anlage 1)
Zitat:
„(…) im Zweifel hat die Behörde den Zugang
des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. (…)
Bestehen Zweifel über den Zugang bzw. Zeitpunkt des Zugangs, trägt die
Behörde den Nachteil, wenn der Zugang bzw. dessen Zeitpunkt nicht
beweisbar ist. (…) Trägt er (der Leistungsberechtigte, Anm. Nolde) vor,
die auf dem Postweg versandte Einladung nicht erhalten zu haben, wird
das Jobcenter das Gegenteil in der Regel nicht zweifelsfrei nachweisen
können. Eine Sanktion tritt in diesem Fall nicht ein. Die Jobcenter
können zur Sicherstellung des Zugangs und des Nachweises hierüber
künftige Einladungen persönlich (ggf. auch gegen Empfangsbekenntnis)
übergeben oder die Einladung per Zustellungsurkunde zustellen lassen.“
Bitte erbringen Sie den Nachweis, daß und wann ich mit meiner Unterschrift den Erhalt ihres Schreiben bestätigt habe.
Gleichlautend urteilten folgende Gerichte:
Landessozialgericht Baden-Württemberg (Az.: L 8 AS 5579/07) am 14.03.2008 (Anlage 2):
Zitat:
“(…) Wird wie im vorliegenden der Zugang
der Meldeaufforderung bestritten, trägt der Grundsicherungsträger die
Beweislast für einen Zugang des Schriftstücks. Auch dies gilt unabhängig
davon, ob die Aufforderung als Verwaltungsakt anzusehen ist oder nicht.
Die Rechtsprechung hat bereits geklärt, dass ohne eine nähere Regelung
weder eine Vermutung für den Zugang eines mit einfachem Brief
übersandten Schreibens besteht (…) noch insoweit die Grundsätze des
Anscheinsbeweises gelten. (…) Auch genügen die Eintragungen der
Zustellerfirma auf einer Rollkarte, wonach (…) im Auftrag der Beklagten
ein Schreiben an die Adresse des Klägers ausgeliefert worden ist, im
konkreten Fall nicht als Nachweis für den Zugang der Meldeaufforderung.
Unabhängig davon, welcher Beweiswert diesen Eintragungen allgemein
zukommt, wird damit nur dokumentiert, dass ein Schreiben an die
Anschrift des Klägers ausgeliefert worden ist. Es wird nicht bestätigt,
dass der Brief in den Briefkasten des Klägers eingelegt worden ist. Zwar
ist es durchaus richtig, dass der Gesetzgeber die Verwaltung nicht
verpflichtet hat, Bescheide oder Meldeaufforderungen förmlich
zuzustellen, weil damit die in der Regel höheren Kosten für eine
Zustellung eingespart werden können. Dies ändert aber nichts daran, dass
die Verwaltung die Beweislast dafür trägt, dass ein von ihr versandtes
Schreiben auch tatsächlich beim Empfänger angekommen ist. Hinzu kommt,
dass sich schon nicht hinreichend sicher feststellen lässt, mit welchem
Inhalt ein Schreiben an den Kläger zur Versendung gebracht worden ist.
(…) Mit Mutmaßungen darüber, welchen Inhalt ein Schriftstück bei
ordnungsgemäßem Geschäftsgang und funktionierender Datenverarbeitung
haben müsste, kann der zu beurteilende Sachverhalt nicht zuverlässig
festgestellt werden.“
Hessisches Finanzgericht in Kassel (Az.: 3 K 523/05) am 29.10.2007 (Anlage 3):
Zitat:
„Eine Behörde muss grundsätzlich beweisen,
dass amtliche Schreiben einem Bürger auch tatsächlich zugegangen sind.
Das entschied das Hessische Finanzgericht in Kassel in einem Urteil.
Konkret müsse die Behörde sowohl den Zugang als solchen als auch den
genauen Zeitpunkt des Zugangs belegen. Zweifel gingen daher allein zu
ihren Lasten (Az.: 3 K 523/05). Das Gericht gab mit seinem inzwischen
rechtskräftigen Urteil der Klage eines Bürgers statt. Die Familienkasse
hatte die Zahlung des Kindergelds eingestellt, weil der Kläger die
erforderlichen Nachweise nicht vorgelegt hatte. Der Kläger behauptete
jedoch, die entsprechenden Aufforderungen wie auch der ablehnende
Bescheid seien ihm gar nicht zugegangen. Dem hielt die Behörde entgegen,
es widerspreche jeder Lebenserfahrung, dass einen Bürger mehrere
Schriftstücke derselben Behörde nicht erreicht haben sollten. Das
Finanzgericht beurteilte die Sachlage anders. Nach seiner Meinung konnte
nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger die Schriftstücke
tatsächlich nicht erhalten hatte. Jedenfalls gebe es keine rechtlich
tragfähige Vermutung, dass von mehreren amtlichen Schreiben den Bürger
doch zumindest eines auch erreiche.“
Vermittlungsvorschlag nicht erhalten – Sozialgericht Karlsruhe (Az. S 12 AS 184/13) am 27.03.2013 (Anlage 4):
„Verschickt das Jobcenter einen
Vermittlungsvorschlag an einen Hartz 4 Empfänger per Standardbrief, so
muss es auch beweisen, dass das Schreiben tatsächlich beim
Hilfebedürftigen angekommen ist. Auch wenn der Leistungsempfänger keine
Reaktion auf das Schreiben zeigt, dürfen nicht einfach
Leistungskürzungen verhängt werden. Dies geht aus einem aktuellen Urteil
des Sozialgerichts Karlsruhe hervor (Az. S 12 AS 184/13), welches einer
30-Jährigen Recht gab, die die Hartz IV Sanktionen nicht hinnehmen
wollte und sich nach fruchtlosem Widerspruch somit erfolgreich zur Wehr
setzte. Die Klägerin, die mit Mann und zwei Kindern in
Bedarfsgemeinschaft lebt, beantragte ab April 2012 Hartz IV Leistungen.
Nach Aussage des Jobcenters wurde der Hilfebedürftigen Endes Juli des
letzten Jahres ein Vermittlungsangebot zugeschickt, per Post als
Standardbrief. Nachdem sich die Leistungsbezieherin bei dem im
Vermittlungsvorschlag genannten Arbeitgeber nicht meldete, wandte sich
dieser wieder an das Jobcenter, welches die Klägerin gemäß § 24 SGB X
anhören wollte. Auch hier erfolgte seitens der Hartz IV Bezieherin keine
Reaktion, woraufhin die Leistungsbehörde ihr gemäß §§ 31 und 31 a SGB
II eine Sanktion auferlegte und den Regelsatz für den Zeitraum Oktober
2012 bis Januar 2013 um 30 Prozent kürzte. Der Widerspruch der
zweifachen Mutter war zunächst erfolglos, in dem sie der Behörde
mitteilte, sie habe keine Post erhalten und konnte sich demzufolge auch
nicht bewerben. Dies akzeptierte das Jobcenter nicht und teilte im
Widerspruchsbescheid mit, dass kein Postrückläufer vermerkt worden sei.
Die Klage hatte Erfolg, denn die Karlsruher Sozialrichter teilen die
Auffassung des Jobcenters nicht. Das SG Karlsruhe stellte darauf ab,
dass das Jobcenter nicht nur den Versand des Briefes sondern auch dessen
tatsächliche Zustellung nachweisen muss. Nach Ansicht der Vorsitzenden
könne man sich nicht auf einen Anscheinbeweis verlassen, da es
regelmäßig vorkommt, dass Postsendungen verloren gehen oder nicht
ankommen. Da die Hartz IV Sanktionen damit rechtswidrig auferlegt
wurden, sind diese aufzuheben.“
Bei Reaktion auf einer Anhörung=
Wenn Sie den durch Gesetz und Rechtssprechung geforderten
Zustellnachweis nicht erbringen können und dennoch sanktionieren, werde
ich Widerspruch einlegen und gegebenenfalls Klage beim Sozialgericht
einreichen.
Bei Widerspuch gegen Sanktionsbescheid=
Wenn meinem Widerspruch gegen Ihren Sanktionsbescheid nicht
abgeholfen wird, werde ich gegen Sie Klage beim Sozialgericht
einreichen.
Mit freundlichen Grüßen
Anlage 1
30. 5. 2013 – Deutscher Bundestag
In der Beantwortung der Schriftlichen Frage 26 zur Nachweispflicht
der Jobcenter gemäß § 37 Absatz 2 des Zehnten Buches
Sozialgesetzbuch (SGB X) bezüglich der Übermittlung von
Meldeaufforderungen o. ä. nach dem SGB II auf Bundestagsdrucksache
17/13310 durch die Bundesregierung wird auf die Regelungen zur
Nachweispflicht der Jobcenter gemäß § 37 Absatz 2 SGB X und die
Sanktionspraxis bei nicht nachweisbarer Meldeaufforderung nach dem SGB
II eingegangen. In der Antwort steht:
“Für die Übermittlung von Meldeaufforderungen gelten die allgemeinen
Vorschriften über die Bekanntgabe von Verwaltungsakten. § 37 Absatz 2
SGB X bestimmt, dass ein Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post
übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe als bekannt gegeben
gilt. Die Geltungsfiktion wird durchbrochen, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.
Der Nachweis kann insbesondere mittels der in § 21 SGB X genannten
Beweismittel geführt werden. Es gilt der Grundsatz der freien
Beweiswürdigung. Bestehen Zweifel über den Zugang bzw. Zeitpunkt
des Zugangs, trägt die Behörde den Nachteil, wenn der Zugang bzw.
dessen Zeitpunkt nicht beweisbar ist. Erscheint ein
Leistungsberechtigter nicht zum Meldetermin, wird er vor der
Feststellung einer Sanktion wegen eines Meldeversäumnisses angehört (§
24 SGB X). Ihm wird damit Gelegenheit gegeben, sich zu den Gründen des
Nichterscheinens zu äußern. Trägt er vor, die auf dem Postweg
versandte Einladung nicht erhalten zu haben, wird das Jobcenter das
Gegenteil in der Regel nicht zweifelsfrei nachweisen können. Eine
Sanktion tritt in diesem Fall nicht ein. Die Jobcenter können zur
Sicherstellung des Zugangs und des Nachweises hierüber künftige
Einladungen persönlich (ggf. auch gegen Empfangsbekenntnis) übergeben
oder die Einladung per Zustellungsurkunde zustellen lassen.“
Quelle: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/136/1713682.pdf
Anlage 2
Landessozialgericht Baden-Württemberg – Urteil vom 14. 03. 2008 (Az.: L 5 AS 5579/07:
“(…) Unabhängig von der Rechtsnatur der Meldeaufforderung setzt eine
Absenkung des Arbeitslosengeldes II nach § 31 Abs.2 SGB II voraus, dass
dem Hilfebedürftigen die Aufforderung zusammen mit einer schriftlichen
Belehrung über die Rechtsfolgen einer Aufforderung zugegangen ist. Wird
wie im vorliegenden der Zugang der Meldeaufforderung bestritten, trägt
der Grundsicherungsträger die Beweislast für einen Zugang des
Schriftstücks. Auch dies gilt unabhängig davon, ob die Aufforderung als
Verwaltungsakt anzusehen ist oder nicht. Die
Rechtsprechung hat bereits geklärt, dass ohne eine nähere Regelung weder
eine Vermutung für den Zugang eines mit einfachem Brief übersandten
Schreibens besteht (Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss
vom 15.5.1991 – 1 BvR 1441/90, NJW 1991, 2757; ebenso bereits
Bundesfinanzhof vom 23.9.1966, BFHE 87, 203) noch insoweit die Grundsätze des Anscheinsbeweises gelten
(BFH vom 14.3.1989, BFHE 156, 66 unter Aufgabe früherer Rechtsprechung:
S 73; Bundesgerichtshof vom 5.4.1978 – IV ZB 20/78, VersR 1978, 671;
BGH vom 24.4.1996 – VIII ZR 150/95, NJW 1996, 2033, 2035 aE; ebenso BSG,
Urteil vom 26.07.2007, B 13 R 4/06 R, zit. nach juris). Denn die volle
Überzeugung des Gerichts vom Zugang lässt sich auf eine – wenn auch
große – Wahrscheinlichkeit nicht gründen (BFH vom 14.3.1989, BFHE 156,
66, 71). Vom Adressaten eines angeblich nicht eingetroffenen einfachen
Briefes kann auch nicht mehr verlangt werden als ein schlichtes
Bestreiten, das Schreiben erhalten zu haben. Denn ihm ist im Regelfall
schon aus logischen Gründen nicht möglich, näher darzulegen, ihm sei ein
per einfachem Brief übersandtes Schreiben nicht zugegangen. Anders ist
die Sachlage beim behaupteten verspäteten Zugang (hierzu zB BVerwG vom
24.4.1987 – 5 B 132/86) : Hier kann der Empfänger vortragen, wann genau
und unter welchen Umständen er die Erklärung erhalten hat (BSG aaO). Im
vorliegenden Fall hat die Beklagte nicht den Nachweis erbracht, dass und
mit welchem Inhalt der Kläger eine Meldeaufforderung zu einem Termin am
01.03.2005 erhalten hat. Der Kläger hat den Zugang einer solchen
Aufforderung bestritten und aus den Akten ist nicht ersichtlich, dass er
die Aufforderung entgegen seinem Vorbringen doch erhalten hat. Auch
genügen die Eintragungen der Zustellerfirma a. auf einer Rollkarte,
wonach am 23.02.2005 im Auftrag der Beklagten ein Schreiben an die
Adresse des Klägers ausgeliefert worden ist, im konkreten Fall nicht als
Nachweis für den Zugang der Meldeaufforderung. Unabhängig
davon, welcher Beweiswert diesen Eintragungen allgemein zukommt, wird
damit nur dokumentiert, dass ein Schreiben an die Anschrift des Klägers
ausgeliefert worden ist. Es wird nicht bestätigt, dass der Brief in den
Briefkasten des Klägers eingelegt worden ist. Zwar ist es durchaus
richtig, dass der Gesetzgeber die Verwaltung nicht verpflichtet hat,
Bescheide oder Meldeaufforderungen förmlich zuzustellen, weil damit die
in der Regel höheren Kosten für eine Zustellung eingespart werden
können. Dies ändert aber nichts daran, dass die Verwaltung die
Beweislast dafür trägt, dass ein von ihr versandtes Schreiben auch
tatsächlich beim Empfänger angekommen ist. Hinzu kommt,
dass sich schon nicht hinreichend sicher feststellen lässt, mit welchem
Inhalt ein Schreiben an den Kläger zur Versendung gebracht worden ist.
Es ist anhand der in den Akten enthaltenen Informationen noch nicht
einmal zu klären, ob ein Verwaltungsakt erlassen worden ist. Nach dem in
der Verwaltungsakte befindlichen BewA-Ausdruck ist am 21.02.2005 die
Versendung einer Meldeaufforderung veranlasst worden. Danach sollte
diese Aufforderung folgenden Inhalt haben: Bitte kommen Sie am 01.03.05
um 09.15 Uhr in die Agentur für Arbeit F., L. Str. .., Zimmer C ….
Grund: Ich möchte mit Ihnen über Ihr Bewerberangebot bzw. Ihre
berufliche Situation sprechen. Ob und ggf. welche Rechtsfolgenbelehrung
dem Schriftstück beigefügt war, lässt sich mit diesem Eintrag in das
Datenverarbeitungsprogramm der Beklagten aber nicht beurteilen. Hierfür
genügt auch der Hinweis der Beklagten auf einen Mustertext (Bl. 20/21
der SG-Akte) nicht. Der Senat hält es (auch) angesichts des Umstands,
dass das Verwaltungsverfahren auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts nach dem SGB II durch eine Vielzahl von Bescheiden
gekennzeichnet sein kann, für unumgänglich, dass sich der Inhalt der
vom Grundsicherungsträger getroffenen Entscheidungen, eingeleiteten
Maßnahmen und versandten Aufforderungen zweifelsfrei den Akten entnehmen
lässt. Nur so ist es möglich, den verfassungsrechtlichen Anforderungen
an das Gebot der wirksamen Rechtsschutzgewährung (Art 19 Abs. 4
Grundgesetz) gerecht zu werden. Mit Mutmaßungen darüber, welchen
Inhalt ein Schriftstück bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang und
funktionierender Datenverarbeitung haben müsste, kann der zu
beurteilende Sachverhalt nicht zuverlässig festgestellt werden.
Quelle: http://openjur.de/u/350035.html
Anlage 3
„Hessische Finanzgericht in Kassel: Behördenbrief im Briefkasten – Amt in der Beweispflicht
Eine Behörde muss grundsätzlich beweisen, dass amtliche Schreiben
einem Bürger auch tatsächlich zugegangen sind. Das entschied das
Hessische Finanzgericht in Kassel in einem Urteil. Konkret müsse die Behörde sowohl den Zugang als solchen als auch den genauen Zeitpunkt des Zugangs belegen.
Zweifel gingen daher allein zu ihren Lasten (Az.: 3 K 523/05). Das
Gericht gab mit seinem inzwischen rechtskräftigen Urteil der Klage eines
Bürgers statt. Die Familienkasse hatte die Zahlung des Kindergelds
eingestellt, weil der Kläger die erforderlichen Nachweise nicht
vorgelegt hatte. Der Kläger behauptete jedoch, die entsprechenden
Aufforderungen wie auch der ablehnende Bescheid seien ihm gar nicht
zugegangen. Dem hielt die Behörde entgegen, es widerspreche jeder
Lebenserfahrung, dass einen Bürger mehrere Schriftstücke derselben
Behörde nicht erreicht haben sollten. Das Finanzgericht beurteilte die
Sachlage anders. Nach seiner Meinung konnte nicht ausgeschlossen werden,
dass der Kläger die Schriftstücke tatsächlich nicht erhalten hatte. Jedenfalls
gebe es keine rechtlich tragfähige Vermutung, dass von mehreren
amtlichen Schreiben den Bürger doch zumindest eines auch erreiche.“
Quelle: http://www.n-tv.de/ratgeber/Amt-in-der-Beweispflicht-article250994.html
Anlage 4
„Sozialgerichts Karlsruhe: Hartz 4 Sanktion rechtswidrig – Jobcenter trägt Beweislast für Postsendung – Verschickt
das Jobcenter einen Vermittlungsvorschlag an einen Hartz 4 Empfänger
per Standardbrief, so muss es auch beweisen, dass das Schreiben
tatsächlich beim Hilfebedürftigen angekommen ist. Auch wenn der
Leistungsempfänger keine Reaktion auf das Schreiben zeigt, dürfen nicht
einfach Leistungskürzungen verhängt werden. Dies geht aus einem
aktuellen Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe hervor (Az. S 12 AS
184/13), welches einer 30-Jährigen Recht gab, die die Hartz IV
Sanktionen nicht hinnehmen wollte und sich nach fruchtlosem Widerspruch
somit erfolgreich zur Wehr setzte.
Die Klägerin, die mit Mann und zwei Kindern in Bedarfsgemeinschaft
lebt, beantragte ab April 2012 Hartz IV Leistungen. Nach Aussage des
Jobcenters wurde der Hilfebedürftigen Endes Juli des letzten Jahres ein
Vermittlungsangebot zugeschickt, per Post als Standardbrief. Nachdem
sich die Leistungsbezieherin bei dem im Vermittlungsvorschlag genannten
Arbeitgeber nicht meldete, wandte sich dieser wieder an das Jobcenter,
welches die Klägerin gemäß § 24 SGB X anhören wollte. Auch hier erfolgte
seitens der Hartz IV Bezieherin keine Reaktion, woraufhin die
Leistungsbehörde ihr gemäß §§ 31 und 31 a SGB II eine Sanktion
auferlegte und den Regelsatz für den Zeitraum Oktober 2012 bis Januar
2013 um 30 Prozent kürzte.
Widerspruch erfolglos
Der Widerspruch der zweifachen Mutter war zunächst erfolglos, in dem
sie der Behörde mitteilte, sie habe keine Post erhalten und konnte sich
demzufolge auch nicht bewerben. Dies akzeptierte das Jobcenter nicht und
teilte im Widerspruchsbescheid mit, dass kein Postrückläufer vermerkt
worden sei. Zudem sei das Jobangebot bereits “telefonisch besprochen und
eine Rechtsfolgenbelehrung erteilt worden”. Die Klage hatte Erfolg,
denn die Karlsruher Sozialrichter teilen die Auffassung des Jobcenters
nicht.
Jobcenter muss Briefzustellung nachweisen
Das SG Karlsruhe stellte darauf ab, dass das Jobcenter nicht nur den Versand des Briefes sondern auch dessen
tatsächliche Zustellung nachweisen muss. Nach Ansicht der Vorsitzenden
könne man sich nicht auf einen Anscheinbeweis verlassen, da es
regelmäßig vorkommt, dass Postsendungen verloren gehen oder nicht
ankommen. Auch könne sich der Leistungsträger nicht auf die
Zugangsfiktion gemäß § 37 Abs. SGB X berufen, da dieser nur für
Verwaltungsakte (wenn in der Akte ein Aufgabedatum vermerkt ist) und
nicht für einfache Postwurfsendungen gelte. Auch das angesprochene
Telefonat bezüglich des Vermittlungsvorschlags mit der Hartz IV
Bezieherin werfe kein anderes Licht auf den Sachverhalt, da fraglich
sei, ob eine telefonische Besprechung Pflichtverletzungen nach § 31 SGB
II herbeiführen und der Rechtsfolgenbelehrung nach der ständigen
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts genügen kann. Da die Hartz IV Sanktionen damit rechtswidrig auferlegt wurden, sind diese aufzuheben.“
Quelle: http://www.hartziv.org/news/20130412-hartz-sanktion-jobcenter-beweislast.html
Aufgrund dieser Rechtslage gehen die Jobcenter in Einzelfällen dazu
über, ihre Briefe mit “gelben Umschlag” versehen per
Einwurf-Einschreiben zu verschicken. Aber auch hier kam es bereits vor,
daß diese in einem anderen Briefkasten eingeworfen wurden, weshalb das
Amtsgericht Kempten urteilte, daß ein Post-Einwurfeinschreiben kein
sicherer Zustellnachweis sei, weshalb es dem Absender freistünde, “einen
sicheren Zugangsweg zu wählen, z.B. das Einschreiben mit Rückschein
oder die Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher”.
Zugangsbeweis: Einwurf-Einschreiben reicht nicht aus – Post-Einwurfeinschreiben zu unsicher
Beim Post-Einwurfeinschreiben liefert auch der
Einlieferung- und Auslieferungsbeleg keine ausreichende Basis für einen
Anscheinsbeweis für den Zugang der Sendung beim Empfänger. Das geht aus
einem Urteil des Amtsgerichts Kempten hervor.
Das Gericht meint, dass ein Verlust der Postsendung
während des Zustellvorgangs nicht auszuschließen sei. Es könne auch
nicht ausgeschlossen werden, dass der Postzusteller die Postsendung in
den falschen Briefkasten einwerfe. Das dies gelegentlich vorkomme, zeige
die allgemeine Lebenserfahrung.
Zwar mache
diese Auffassung den Nachweis des Zugangs des Einwurfeinschreibens beim
Empfänger nahezu unmöglich, wenn dieser den Zugang bestreitet. Dies
könne aber hingenommen werden, weil der Absender den Zugangsweg selbst
bestimmen könne, führt das Gericht aus. Es stünde dem Absender
frei von Anfang an einen sicheren Zugangsweg zu wählen, z.B. das
Einschreiben mit Rückschein oder die Zustellung durch einen
Gerichtsvollzieher.
Fazit:
Nur für ein per Einschreiben mit Rückschein oder per Zustellung durch
einen Gerichtsvollzieher verstandtes (Behörden-)Schreiben kann ein
Zustellnachweis erbracht erbracht werden. Bei Normalbriefen (wie beim
Jobcenter üblich) aber auch Einwurf-Einschreiben in “gelben Umschlägen”
ist das nicht der Fall.
Wird seitens des Jobcenters behauptet, daß man dem “Kunden” ein
Schreiben persönlich übergeben hat, kann auch das nur nachgewiesen
werden, wenn ein vom Empfänger/”Kunden” unterschriebenes
Empfangsbekenntnis vom Jobcenter vorgelegt oder Zeugenbeweis
nachgewiesen werden kann, was meist nicht gegeben ist.
Sollte es öfter vorkommen, daß Jobcenter-Briefe einen “Kunden” nicht
erreichen, könnte selbiges dazu übergehen – statt per
Einschreiben/Rückschein oder Gerichtsvollzieher zuzustellen -, selbige
jedesmal per persönlicher Übergabe inkl. Empfangsbekenntnis in den
eigenen Räumlichkeiten zu übergeben.
Ob das wiederum im Interesse des Betroffenen ist, ist die Frage.
Andererseits ist hier zu prüfen, ob eine persönliche Meldung/Vorsprache
nur zu diesem Zweck rechtens ist, also ein den gesetzlichen Vorgaben
entsprechender Meldezweck vorliegt, was nicht der Fall sein dürfte.
Bleibt zu hoffen, daß einem nur gelegentlich Jobcenter-Schreiben
nicht erreichen, was dann auch nachvollziehbar/lebensnah blieb resp.
wäre. Damit der “Kunde” dann gewappnet ist, habe ich diesen Beitrag
erstellt, um ihn über seine Rechte zu informieren, was keine
Rechtsberatung darstellt.
Postbotin unterschlägt über 1000 Briefe und lagert sie zu Hause:
http://www.muensterlandzeitung.de/staedte/suedlohn/Briefe-unterschlagen-Freunde-bestohlen;art982,1521614
Postbote behielt rund 1300 Briefe und Pakete und deren Inhalte, statt sie den wartenden Empfängern zu überbringen:
http://www.berliner-kurier.de/brandenburg/gieriger-postbote-ab-in-den-knast,7169130,25440338.html
Postbote hat rund 1000 Briefe in seinem Keller gesammelt:
http://www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/998554/
Postbotin hat mehrere tausend Briefe nicht zugestellt und in ihrem Keller eingelagert:
http://www.shortnews.de/id/862167/aus-faulheit-postbotin-lagert-tausende-briefe-im-keller