Der ehemalige Chef des österreichischen Verfassungsschutzes, Gert-René Polli, hat in einem Interview die Abhängigkeit des deutschen Nachrichtendienstes BND von den USA angeprangert: Deutschland sei immer noch ein besetztes Land, weil die amerikanischen Geheimdienste praktisch unbehelligt operieren könnten.
Was das Agieren amerikanischer Dienste auf deutschem Territorium anbelange, so hätten sich die USA schon nach 1945 gegenüber der Regierung weitreichender Rechte und Privilegien versichert, sagte Polli in einem Gespräch mit den Deutschen Wirtschafts-Nachrichten. »Dies gilt insbesondere für den Bereich der Telekommunikation und für weitere, die nationale Sicherheit betreffende, sensible Themenbereiche.«
Deutschland zähle seit langem politisch und wirtschaftlich zu den »primären Aufklärungszielen« amerikanischer Dienste, so Polli weiter. Mit Blick auf den US-Abhörskandal äußerte er, dass sich bis heute kaum etwas geändert habe: die Überwachung gehe weiter. »Das Briefgeheimnis ist de facto aufgehoben und jegliche Kommunikation im Netz ist Angriffsziel nicht nur amerikanischer Dienste.«
Und die deutsche Spionageabwehr sei nach wie vor gegen Osten hin ausgerichtet. Die russischen Dienste seien bei ihren Operationen in Deutschland von jeher vorsichtiger und professioneller als ihre amerikanischen Kollegen gewesen, »die bei deutschen Diensten und Sicherheitsbehörden de facto aus- und eingingen«.
Aktuell könne Deutschland weder seine Bürger noch seine Wirtschaft und nicht einmal seine Regierung vor Spionage-Angriffen schützen, so der Experte. »Deutschland war ein besetztes Land, und was die Aktivitäten der alliierten Nachrichtendienste auf deutschen Boden anbelangt, ist es das noch immer.«
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